Toilettenterror


Der heiße Sommermonat August ist in Japan der Zeitpunkt, wo die Geister der verstorbenen Ahnen ihren Hinterbliebenen einen Besuch abstatten. Ein Jahrhunderte alter Mythos, der den passenden Hintergrund für eine ganze Reihe von Filmen liefert, die Jahr für Jahr ganze Heerscharen von Jugendlichen in die angenehm klimatisierten Kinos locken. Dieses Genre der School Ghost Storys bildete die in den Neunzigern wohl beliebteste Thematik im japanischen Horrorfilm. Unzählige Bücher, Filme und TV-Serien ranken sich um diese übernatürlichen Geschichten, bei denen immer eine Konfrontation zwischen Geistern und Schülern im Mittelpunkt steht.

Ins Rollen brachte diese Welle ein ganz normaler Lehrer Namens Tsunemitsu Toru, der aufmerksam zuhörte als sich seine Schüler in den Pausen allerlei übernatürliche Gruselgeschichten erzählten, ein weitverbreitetes Phänomen auf japanischen Schulhöfen. Sein Interesse ging dabei soweit, dass er sich nach dem Unterricht mit seinen Schützlingen zusammensetzte und seit dem Jahr 1985 über 150 ihrer Erzählungen niederschrieb. Diese bot er schließlich einer Zeitung zur Veröffentlichung an. Kaum abgedruckt, entwickelten sich seine Geschichten schnell zu einer heißgeliebten Serie. Die enorme Nachfrage bei den Lesern führte schließlich dazu, dass Tsunemitsu 1990 eine erste Geschichtensammlung unter dem Titel GAKKOU NO KAIDAN als Buch veröffentlichen konnte. Auch hier sollte sich schnell ein großer Erfolg einstellen, der dafür sorgte, dass sein Buch in Serie ging und in den nächsten Jahren noch weitere acht Bände folgten.

Diese Bücher waren es dann auch, die als Vorlage für die 1994 ausgestrahlte TV-Serie dienten. Hohe Einschaltquoten ließen ihrerseits den japanischen Filmmajor Toho aufhorchen, der schon ein Jahr darauf den ersten GAKKOU NO KAIDAN (HK: A HAUNTED SCHOOL) Kinofilm mit überwältigendem Erfolg ins Rennen schickte. Den Produzenten war dabei von Anfang an klar, dass dieser Film bei den Jugendlichen auf enormes Interesse stoßen würde, so dass ganz geschäftstüchtig, bereits im Abspann des ersten Teils die Fortsetzung angekündigt wurde, die dann schon ein Jahr später in die Kinos kam. Bis zum Jahre 1999 brachte es die Reihe noch auf zwei weitere Produktionen, die sich ebenfalls zu Publikumsrennern entwickelten. Bei der GAKKOU NO KAIDAN Reihe handelt es sich ohne Frage um die knallhart kalkulierten Hochglanzprodukte von geldhungrigen Produzenten. Der große aber liebevolle Effekteinsatz und eine gehörige Portion Humor sorgen jedoch dafür, dass die Serie über ausreichend viel Charme verfügt, um ordentlich zu unterhalten.

Die Sage von Hanako-San, einem weiblichen Geist der auf den Mädchentoiletten der Schulen sein Unwesen treiben soll, war unter all den Pausengeschichten immer die beliebteste bei den Schülern. Das war auch den Verantwortlichen beim Fernsehen und in den Filmstudios nicht entgangen, so dass man ganz speziell diesem Charakter auch den gebührenden Platz auf Zelluloid einräumte. Allein um Hanako ranken sich wieder eine ganze Reihe von Kino- und TV-Produktionen, von denen SHINSEI TOILET NO HANAKO-SAN (HK: SCHOOL MYSTERY) aus dem Jahre 1997 eine der gelungensten ist. Diese Fortsetzung zum ein Jahr zuvor entstandenen TOILET NO HANAKO-SAN (HK: PHANTOM OF THE TOILET) inszenierte Tsutsumi Yukihiko, der sich bis dato schon einen Namen als Videoclip Regisseur gemacht hatte. Heute gilt er mit Filmen wie THE JIKEMBO OF YOUNG KINDAICHI und KEIZOKU (BEAUTIFUL DREAMER) als einer der gefragtesten Genrespezialisten Japans.

Den Unterhaltungswert bezieht SHINSEI TOILET NO HANAKO-SAN, der im übrigen wesentlich ernster gehalten ist als die GAKKOU NO KAIDAN Reihe, vor allem dadurch, dass er sich nicht davor scheut, klassische japanische Storyelemente mit denen des Phantastischen Hollywoodkinos zu vermengen. Obwohl das Endergebnis keinen durchweg runden Eindruck hinterlässt, machen die offensichtlichen Anspielungen auf POLTERGEIST und Mörderpuppe CHUCKY einfach großen Spaß, was den Film letztendlich zu einem lockerflockigen Unterhaltungszeitvertreib ohne besonderen Anspruch werden lässt.

 


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