Nachdem die Reporterin Ji Won einen Sexskandal aufgedeckt hat, in den auch einflussreiche Persönlichkeiten verstrickt sind, wird sie von Unbekannten bedroht und
telefonisch terrorisiert. Polizei und Kollegen raten ihr deshalb für eine Weile unterzutauchen und die Telefonnummer zu wechseln. Gesagt getan. Die nächsten Zeit
verbringt sie nun im ungenutzten Haus ihrer besten Freunde, die tief in ihrer Schuld stehen.
Ruhe findet sie allerdings auch dort nicht, da sie sich trotz neuer Rufnummer weiterhin telefonischem Terror ausgesetzt sieht. Doch irgendwie sind diese Anrufe anders
als die vorangegangenen Drohungen. Als zufällig die kleine Tochter der besten Freundin einen dieser Anrufe entgegen nimmt, beginnt sich das Mädchen vollständig zu
verändern und entwickelt nach und nach einen tiefen Hass auf die eigene Mutter. Ji Won wird nun langsam aber sicher klar, dass diese Drohungen nichts mehr mit dem
Sexskandal zutun haben und jemand anderes dahinter stecken muss.
Sie beginnt zu recherchieren und schon der erste Anhaltspunkt, ihre neue Telefonnummer, bringt sie auf eine ganz heiße Spur. Sämtliche Vorbesitzer dieser Nummer
sind auf äußerst mysteriöse Weise ums Leben gekommen und diese Todesfälle müssen ausnahmslos übernatürliche Ursachen gehabt haben. Also gräbt sie immer
tiefer und fördert nach und nach eine erschütternde Tragödie ans Tageslicht, in der zu ihrem Leidwesen auch Menschen verstrickt sind, die ihr lieb und teuer sind.
Ein Film wie Phone steht eigentlich ganz exemplarisch für die Tatsache, wie ausgeprägt der Einfluss von The Ring
auch heute noch auf den asiatischen Horrorfilm ist. Bis
auf ein paar wenige Kleinigkeiten ist die Rahmenhandlung der beiden Filme nahezu identisch. Wie bei Nakatas Kassenschlager ist es auch bei diesem koreanischen
Genrevertreter eine Reporterin, die ein Kind aus ihrer nächsten Umgebung retten will und dabei mit einem Fluch konfrontiert wird, der sich mittels moderner Technik
überträgt.
Als plumpe The Ring Kopie kann man Phone dennoch nur bedingt bezeichnen. Sicherlich sind die inhaltlichen
Parallelen unübersehbar, doch die Art und Weise wie
man den Zuschauer hier mit Schocks und Schrecken konfrontiert, ist eine völlig andere. Mit der unangenehmen und unheimlichen Ruhe die The Ring ständig umgab, hat
die koreanische Horrorvariante kaum etwas gemein. Obwohl auch Phone auf blutige Splattermomente verzichtet, wirkt er insgesamt doch wesentlich reißerischer als die
japanische Produktion. Um herauszufinden wo die eigentlichen Inspirationenquellen von Regisseur An Byeong Ki liegen, muss man sich nur dessen Debütfilm
betrachten. Nightmare bediente sich zwar auch ein paar weniger Versatzstücken des asiatischen
Geisterkinos, doch in erster Linie plünderte er das Repertoire des
amerikanischen Teenieslashers.
Obwohl Phone wesentlich asiatischer ausgefallen ist als der Vorgänger, konnte oder wollte An Byeong Ki auch hier nicht auf diese US-Einflüsse verzichten. Neben
Anspielungen auf The Exorcist oder die zahlreichen Haunted House Verfilmungen, kam er nicht umhin, wieder eine kleine, reichlich überflüssige Schlitzerstory als
Nebenstrang zu integrieren. Letztendlich steht diese Plotlinie aber in keinem sinnvollem Zusammenhang mit dem Rest des Geschehens und hält letztendlich nur auf. Das
bleibt allerdings nicht die einzige inhaltliche Schwäche mit der Phone zu kämpfen hat. Einen Originalitätspreis gewinnt der Film ganz sicher nicht. Dafür bedient er sich
einfach zu ausführlich bei Vergangenem und schreckt auch nicht davor zurück, ganze Szenen haarklein aus anderen Genreproduktionen zu kopieren.
Das Bemühen von An Byeong Ki, der sich auch für das Drehbuch verantwortlich zeigt, die Geschichte glaubhaft voranzubringen, ist zwar durchaus erkennbar, doch
gerade in den ersten 45 Minuten zeigt Phone in diesem Bereich einige Defizite. Bemerkbar macht sich das vor allem bei den zahlreichen Versuchen, den Zuschauer
immer wieder auf eine falsche Fährten zu führen. Hier übertreibt es der Film mitunter etwas. Dadurch schießt Phone manches Mal über sein Ziel hinaus, wird
unglaubwürdig und mitunter auch sehr unlogisch. Im weiteren Verlauf fängt sich der Film allerdings wieder und die Geschichte wird zusehends interessanter. Nach und
nach bringt der Drehbuchautor immer mehr dunkle Flecken aus der Vergangenheit der Handlungsträger ans Licht und die bisherigen Geschehnisse stehen plötzlich in
einem ganz anderen Licht dar. Wirklich originelle Momente kann Phone zwar auch in diesen Szenen nicht für sich verbuchen, doch immerhin wird der Film dadurch
wesentlich spannender und überraschungsreicher.
Überwiegend gelungen präsentieren sich auch die Schockmomente. Wenn auch mitunter etwas reißerisch und aufgesetzt, fehlt es ihnen nur selten am nötigen
Überraschungsmoment. Eines rein spekulativen Eindrucks kann man sich so zwar häufig nicht erwehren, doch im Falle von Phone erweist sich genau das als sehr
effektiv. Die zahlreichen Handlungsschwächen geraten so zumindest im letzten Drittel schnell in Vergessenheit, so dass sich Phone als kurzweiliger Genrevertreter
entpuppt. Das ist letztendlich auch eine Folge von An Byeong Kis kompetenter Inszenierung. Er erbringt hier ein weiteres Mal den Nachweis für sein visuelles Talent und
Phone präsentiert sich dank vorzüglicher Kameraführung und nicht minder gelungener Ausleuchtung über weite Strecken als düster und atmosphärisch.
Abgerundet wird das insgesamt doch sehr positive Endergebnis durch die souveränen Darstellerleistungen der beiden weiblichen Hauptakteure, die ihre Arbeit als
leidende Mutter bzw. toughe Journalistin tadellos verrichten. Den schauspielerischen Höhepunkt setzt aber zweifellos die sechsjährige Eun Seo Wu, die wirklich ganz
herausragend agiert. Sie beweist, dass man auch ohne größeren Make Up Einsatz abgrundtief böse wirken kann und liefert eine überaus intensive Vorstellung.
Vor allem die kleine Eun Seo Wu und die effektive Inszenierung sorgen dafür, dass sich Phone doch noch deutlich von der Masse asiatischer Gruseler jüngeren Datums
abheben kann. Insgesamt bleibt ein intensiver Horrorstreifen, der zwar durchweg oberflächlich bleibt und mit einigen Handlungsschwächen zu kämpfen hat, aber
nichtsdestotrotz genug Schocks für den Zuschauer bereithält, so dass Freunde atmosphärischen Grusels hier ohne Bedenken zugreifen können.
(S.G.)
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