Wer kennt nicht das alltägliche Problem einer kleinen fehlenden Schraube, die alle paar Stunden aus der Nummer 6 einer
Mietwohnung, bedingt durch häufigen Gebrauch der Tür und dadurch auftretende leichte Erschütterungen, eine Nummer 9 werden
läßt.
Die weltweit äußerst schlappe Konjunktur geht auch an der thailändischen Wirtschaft nicht spurlos vorbei. So muß der Chef einer
Bank drei seiner Sekretärinnen entlassen. Per Losentscheid darf jede selbst über ihr weiteres Schicksal entscheiden. Die ruhige
Tum ist eine der Unglücklichen und darf sich fortan ohne Job durchs harte Leben schlagen.
Als sie ihren letzten Heller aufgebraucht hat, ist sie der Verzweiflung nahe. Doch dann nimmt ihr Leben durch ein Klopfen an ihrer
Wohnungstür urplötzlich eine ungeahnte Wendung. Als sie öffnet fällt ihr Blick auf ein herrenloses Paket, daß nur auf sie zu warten
scheint. Anstatt der wohlschmeckenden Nudeln, die das Paket laut Aufschrift anpreist, ist es aber randvoll gefüllt mit großen
Banknoten.
Doch Tum´s neureiches Glück scheint nur von kurzer Dauer zu sein, als es wenig später ein weiteres mal an ihrer Tür klopft. Als sie
öffnet blickt sie in die entschlossenen Augen zweier gar nicht zimperlicher Gangster, die das wunderbare Geschenk von ihr
zurückfordern. Bevor Tum jedoch nur einen klaren Gedanken fassen kann, liegen die beiden schon tot in ihrer Wohnung.
Jetzt heißt es für sie, die Leichen irgendwie zu entsorgen. Das gestaltet sich allerdings ein wenig schwerer als erwartet. Zudem
schöpft der Gangsterboß, der sehnsüchtig auf die Rückkehr seiner beiden Handlanger wartet, nach einer Weile Verdacht, so daß
auch dank einiger unbeteiligter Personen der Leichenberg in Tum´s Wohnung bald horrende Ausmaße annimmt.
Es kommt bekanntlich recht häufig vor, daß Drehbuchautoren ihre Geschichten nur anhand von Zufällen halbwegs beisammen
halten können. Liegt das meistens an der fehlender Klasse der jeweiligen Autoren, so erklärt der thailändische 6ixtynin9 eine
solche Aneinanderreihung von Zufällen zu seinem Konzept, daß in jeder Hinsicht Methode hat.
Der Werbefilmer Pen-Ek Ratanaruang läßt in seiner zweiten Regiearbeit eine Anhäufung absurd komischer Momente auf den
Zuschauer einprasseln, die ihm trotz der ruhigen Inszenierung keine Atempause gönnen. Der deutlich Richtung Quentin Tarantino
hin angelegte Humor, gehört ohne Zweifel zum schwärzesten der letzten Jahre. Je grotesker und blutiger 6ixtynin9 mit
zunehmender Dauer durch stetiges Ansteigen des Leichenberges auch wird, desto spaßiger wird das gesamte Geschehen auch
für den Betrachter. Selbst die stellenweise eingesetzte Situationskomik unterschreitet nie ein gewisses Niveau und fügt sich ganz
prima ins Gesamtkonzept von Ratanaruang, der sich hier auch für das Drehbuch verantwortlich zeigt, ein.
Neben seiner erstklassigen Geschichte und den tollen Schauspielern, vor allem Hauptdarstellerin Lalita Panyopas liefert eine
Glanzleistung ab, hat der Film aber auch auf der visuellen Ebene einiges zu bieten. Die exzellente Kameraarbeit kann in dieser
Hinsicht ganz besonders überzeugen und läßt die Produktion mit einigen wirklich gelungenen Einstellungen und Ideen aufwarten.
Vorwerfen kann man 6ixtynin9 so freilich nicht viel. Lediglich der sogenannte Showdown lehnt sich für meinen Geschmack zu sehr
an True Romance an. Mehr gibt es hier aber kaum zu kritisieren. Wer also einen speziellen schwarzen Humor sein eigen nennen
kann, dürfte von dieser hemmungslos vergnüglichen Groteske, mit ihren tollen Dialogen und Seitenhieben auf die thailändische
Gesellschaft, restlos überzeugt werden.
(S.G.)
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